10% Steigung

Diskussionsforum

Matthias.Vollstedt
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Re: 10% Steigung

Beitrag von Matthias.Vollstedt »

Hallo Hans,

dass Fleischmann-Loks trotz guter Detaillierung sehr robust sind, kann ich aus jahrelanger Betriebserfahrung bestätigen (Ein Jammer, dass die Ösis die Marke versenkt haben), aber Du solltest bedenken, dass die meisten Straßenbahnmodelle konstruktiv eher „Light Rail“ sind.
Für einen Lima-Sechsachser oder einen H&P-Antrieb (z.B.) würde ich bei Dauerbetrieb auf einer solchen Steigung nicht die Hand ins Feuer legen...
Was funktionieren könnte, wären - wie beim Remscheider Vorbild - simpel konstruierte Zweiachser, bei denen der Wagenaufbau im Verhältnis zum Antrieb nicht zuviel Gewicht mitbringt (Halling, Hummel pp.).

Grüße
Matthias
Die Straßenbahn kommt in die Essener City zurück: https://www.drehscheibe-online.de/foren ... 5,10623958
Hödl-Linie8
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Re: 10% Steigung

Beitrag von Hödl-Linie8 »

Ein allgemeines Grüß Gott, Hallo, Guten Tag und Moin-Moin....

Da ich mich zwangsläufig seit fast 50 Jahren mit Antriebstechnik von Modellen befasse, möchte ich hier anmerken: "Ihr habt alle Recht"! Und meine Sicht als Hersteller erklären.

Ich hatte mit einer Fleischmann Lok im Schaufenster meines Ladens einen Dauertest gefahren. Die Spurkränze waren Messerscharf abgefahren, vom Gleis war nur noch die Hälfte vorhanden, aber der Antrieb hat gehalten. Das hat aber nur Fleischmann geschafft, denn da wurden die optimalsten Bauteile verwendet. Grundsätzlich wird es immer das schwächste Bauteil im Antrieb treffen. Bei uns ist es bewusst das Schneckenzahnrad! Durch die Messingschnecke soll dieses Zahnrad (obwohl aus hochwertigen Kunststoff gefertigt) zerstört werden, bevor der Motor in Mitleidenschaft gezogen wird.

Für erhebliche Steigungen sollte nach Möglichkeit ein zweiter Antrieb eingebaut werden. Aber bitte nur einen Antrieb mit Haftreifen bestücken!! Der Stromfluss durch beide Motoren gleicht die Geschwindigkeit zwar weitgehend an, aber einer der beiden Antriebe sollte einen kleinen Schlupf zum Ausgleich der Geschwindigkeit haben können. Haftreifen und Gewicht sollten möglichst sparsam zum Einsatz kommen. Mehr Gewicht bringt nicht nur mehr Haftung von Rad zu Schiene, sondern auch mehr Gewicht, das über die Steigung "gehoben" werden muss!
Wer perfekte Antriebstechnik für einen zuverlässigen Dauerbetrieb benötigt, wird bei "Euromodell F.P." (Bodo Fonfara) für 200 bis 300 € einen perfekt angepassten Antrieb in Einzelanfertigung finden. Auch eher seltene Getriebebauteile sind bei Herrn Fonfara zu bekommen. Die Teile aus meinen Getrieben sind ohnehin problemlos verfügbar.

Viel Erfolg und Freude an allen Euren Bauvorhaben und Einsätzen!

Euer G. Hödl
DSV
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Re: 10% Steigung

Beitrag von DSV »

Hallo allseits,

ich denke hierzu kann ich etwas beitragen. Ich habe - allerdings im Eisenbahnteil meiner Anlage - eine Steigung weit jenseits von 10% Ich habe nicht genau ausgerechnet, aber auf gut 3-4 Metern, incl nen halben Bogen, gehe ich zwei Ebenen (von) Dammlage in Tunnellage) herauf und herunter. Das ganze im Wechselstromteil (Märklin analog). Gewichtsbedingt, gehen max 4 lange 4 Achser geschoben, und auch Güterzüge kommen über 5-6 Wagen kaum hinaus. Nun ist die Steigungsfähigkeit bei Modelleisenbahnen ja deutlich höher, gegenüber dem Original, aber dennoch, nach ca 1 Jahr regelmäßigen Betrieb schmeißen die Loks speziell Dampfloks bei mir ihre Achsen ab. 4 Hogwarts Castle und 5-6 52er Dampfloks habe ich damit schon in Grund und Boden gefahren, weil die Radscheiben sich von den Achsen losscheuern, und dann klemmt irgendwann das Gestänge, weil es sich quer stellt. Drehgestellfahrzeuge sind nicht ganz so anfällig. Fährt man Allerweltsfahrzeuge, die man über Ebay leicht wiederbeschaffen kann, geht es. Umgebaute, wie z.B eine wechselstromisierte Fleischmann 98er schafft dort nichtmal ihr Eigengewicht bergauf. Das ist aber wirklich ein Extrembeispiel.

Das andere Extrem, nur noch vorbildgerechte Steigungen zu verlegen, ist natürlich wahrscheinlich für die meisten von uns auch keine Lösung, weil kaum einer hat ne eigene Turnhalle oder nen Baumarkt an Platz. Abgesehen davon, das zu vorbildgerechten Steigungen auch vorbildgerechte Radien gehören, sonst passen die Proportionen nicht mehr. Insofern würde auch ich, trotz der Schwierigkeiten, bei künftigen Bauprojekten, die Rampen deutlich steiler legen, als das das Vorbild kann, Voraussetzung ist halt, das man wahlweise die Fahrzeuge Reparieren oder ersetzen kann, zumindest wenn man intensiv Betrieb fährt.

Gruß Daniel
Matthias.Vollstedt
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Re: 10% Steigung

Beitrag von Matthias.Vollstedt »

Hallo Daniel,

es ist natürlich absolut Deine Sache, wenn Du mit übertriebenen Steigungen Deine Modelle kaputt fährst. Du allein musst entscheiden, wieviel Geld Du in Ersatzbeschaffungen stecken möchtest.
Nur liegt diese Problematik dann nicht mehr an den Herstellern der Modelle, sondern eher daran, dass Deine Anlage konstruktiv noch „Luft nach oben“ hat.
Soweit dies ein Forum für Straßenbahnmodelle ist, sind 10% Steigung für robuste Zweiachser machbar (aber nur mit maximal einem leichten Beiwagen; mehr wäre beim Vorbild nie zugelassen worden, zumal es in den 1920er Jahren in Iserlohn eins der schwersten Straßenbahnunglücke Deutschlands gegeben hatte...). Für Gelenkzüge gleich welcher Bauart würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen...

Grüße
Matthias
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rolfuwe
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Re: 10% Steigung

Beitrag von rolfuwe »

...Für einen Lima-Sechsachser oder einen H&P-Antrieb (z.B.) würde ich bei Dauerbetrieb auf einer solchen Steigung nicht die Hand ins Feuer legen...
Was funktionieren könnte, wären - wie beim Remscheider Vorbild - simpel konstruierte Zweiachser, bei denen der Wagenaufbau im Verhältnis zum Antrieb nicht zuviel Gewicht mitbringt (Halling, Hummel pp.)...
Naja, da macht jeder seine eigenen Erfahrungen: Die Teile der H&P-Antriebe werden von Halling an Fr. Herrmann geliefert.
Bei fast allen meiner Halling (usw.) 2-Achsern habe ich die Antriebe durch PMT-Antriebe ersetzt, weil die robuster sind.
DSV
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Re: 10% Steigung

Beitrag von DSV »

an Matthias.Vollstedt

zu "Nur liegt diese Problematik dann nicht mehr an den Herstellern der Modelle, sondern eher daran, dass Deine Anlage konstruktiv noch „Luft nach oben“ hat."

Das ist richtig, wobei es trotzdem schon Unterschiede gibt, meine bayrische B IV deren Antriebsritzel sehr mittig sitzen, schafft die Steigung schon seit Jahren ohne das Symptom, und war zumindest deswegen noch nicht kaputt. Sollte aber keine Herstellerkritik sein, sondern eben ein ganz praktisches Beispiel, weil ja eben gefragt wurde, was eben passieren kann. Und man muss auch dazu sagen, das der dahinter stehende Fahrbetrieb ein mehrere Tage in der Woche stattfindender mehrstündiger Dauerbetrieb ist, das trägt sicher auch dabei. Ich habe mal gelesen - ob es stimmt weiß ich nicht - das angeblich der durchschnittliche Modellbahner auf keine 48 Stunden Betrieb pro Jahr kommt - würde ich nur so selten fahren, träte das Problem wohl auch erst nach Jahren auf. Insofern würde ich das in die Erwägungen für oder wieder eine Steigung mit einbeziehen wie oft ich wirklich fahre. Und letzlich muss eh jeder selbst mit dem entstandenen Kompromis leben.

Und letzlich kann es noch passieren, das sich Steigungen unfreiwillig ändern. Das ist dem Gleichstromteil meiner Anlage passiert. Der war mal relativ Bretteben, aber im Laufe der letzen 5-6 Jahre hat sich da einiges verzogen, sodass Kuppen und Wannen entstanden, wo keine vorgesehen waren (siehe mein Bericht zum B/DT2 Antrieb), das kann sich zugunsten, aber auch entgegen der Befahrbarkeit auswirken.

Mein Bericht sollte nur grob eben anreisen, wo dann die Grenze des machbaren liegt. Das mit einzelnen Modellen noch mehr geht ist klar - mein Oberweisbacher TW schafft die Fleischmann-Zahnradbahn (die mit geschätzt 35-40% noch viel steiler als geschilderte Wechselstromstrecke ist) ohne Zahnrad, ebenso die Piko SM42 - aber die beiden sind Ausnahmetalente, und mit den gänigen Tram und U-Bahnantrieben kaum zu vergleichen. Auch wenn ich nicht Auschließen will, das einzelne Nahverkehrsmodelle auch ungeahnte Fähigkeiten haben...

Gruß Daniel
Thomas13
Beiträge: 3
Registriert: Mo 20. Mai 2019, 17:52

Re: 10% Steigung

Beitrag von Thomas13 »

Hallo Zusammen,

wie meine Vorredner schon geschrieben haben kommt es sicher auch darauf an, wie oft man dem Modell die Steigung zumutet.

Ich betreibe mit einigen Mitgliedern des Vereins Historische Straßenbahn Köln e.V. die bescheidene Modellstraßenbahnanlage im Kölner Straßenbahn-Museum Thielenbruch. Bestandteil der Anlage ist eine Rampe zur U-Bahn, die etwa eine Steigung von 8 % aufweist.

Über diese Rampe jagen wir seit Jahren an Öffnungstagen die verschiedensten Straßenbahnmodelle mit Ihrer vorbildgerechten Höchstgeschwindigkeit rauf und runter und das stundenlang. Bisher hält sich der Verschleiß in Grenzen, egal ob es sich um die bei uns am meisten eingesetzten Roco-Achtachser oder auch Halling Fahrzeuge handelt. Lediglich die Modelle des K5000, die seitens der Kölner Verkehrsbetriebe mit nur einem Antrieb bestellt wurden benötigen häufige Wartung wegen Verschleiß der Zahnräder. Ein Problem, das bisher bei den K4000-Modellen (die ja auch mit zwei Antrieben ausgestattet sind) nicht aufgetreten ist. Auch GT8N (Hödl), GT4-Stuttgart, PCC (Bowser), GT6/8 (Halling), TW6000 (Halling) zeigen keine offensichtlichen Verschleißerscheinungen. Auch zweiachsige Wagen vertragen die Fahrten offenbar problemlos. Die K5000 Modelle werden wir daher künftig Stück für Stück mit einem zweiten Antrieb ausstatten.

Erfahrungsgemäß problematischer sieht das bei den Lima bzw. Rivarossi Modellen aus. Die Zahnräder waren hier bereits sehr schnell abgenutzt und mussten ausgetauscht werden abgesehen davon, dass die Modelle die Steigung kaum schafften.

Soviel zu meinem kleinen Erfahrungsbericht.

Gruß
Thomas
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