Nachdem wir ja durch Corona bedingt alle etwas mehr Zeit zu Hause verbringen, können plötzlich auch Hirngespinste zu ernsthaften Projekten ausarten. Seit einiger Zeit verfüge ich über einen Monoprice Select Mini, einen 3D-Drucker des untersten Preissegments (ging bei Reichelt für 100,- über die virtuelle Ladentheke). Grund genug, sich mit dem Thema 3D auseinanderzusetzen.
Nachdem sich Blender noch nicht an mich gewöhnt hat, verwende ich OpenSCAD. Da braucht's klare Linien und Kanten. Glücklicherweise gibt es ein Nahverkehrsmodell, welches genau diese Forderungen erfüllt: Das Industriedesign des Kombinats VEB Lokomotivbau-Elektrotechnische Werke »Hans Beimler« Hennigsdorf besticht durch klare Linien und keine unnützen Rundungen. Somit ist der Berliner U-Bahnzug GI/1 ein ideales Testobjekt für mich, die Software und den Drucker. Und ganz nebenbei mag ich ihn auch sehr...
Da ich im Kleben mit PLA wenig Erfahrung hatte, hab ich den Zug in Einzelteilen designed. Evtl, wenn alles hübsch ist, werde ich die Komponenten später in OpenSCAD zusammenfügen, um den Zug auch auf einem SLA-Drucker drucken zu können.
Die Erstellung in OpenSCAD bereitete mir wenig Probleme. Sind ja wirklich nur gerade Kanten und wenn mal Rundungen dabei sind, dann liegen sie senkrecht zur Oberfläche. Ansonsten ist mit den Funktionen difference, union und hull alles abgefrühstückt.
Die Maße habe ich dem Hersteller-Prospekt entnommen, den das Archiv der Berliner Verkehrsseiten dankenswerter Weise bereithält.

Erstellung des 3D-Modells in OpenSCAD
Nachdem alle Teile später geklebt werden sollen, ist auch der Support kein Thema. Zudem haben alle Außenwände die schöne Oberfläche der letzten Druckschicht und damit weniger Rillen.

Slicen des 3D-Modells
Geklebt ist der ganze Kram mit Dichlormethan, nachdem alle handelsüblichen Kleber sich als nicht wirklich geeignet erwiesen. Lediglich zum erstmaligen Fixieren der Teile habe ich einen winzigen Tropfen dünnflüssigen Sekundenkleber verwendet (mit einem Stück Oberleitungsdraht wurde der Kleber an den Ecken aufgebracht). Das Dichlormethan, das man bei Modulor (oder bei uns in München in Schörgers Papierkiste) bekommt, sollte nur mit Handschuhen und bei geöffnetem Fenster und am besten noch Durchzug verarbeitet werden, so legt es zumindest der entsprechende Wikipedia-Artikel nahe. Nachdem ich noch nicht tot umgefallen bin, kann ich berichten, dass es genügt, das DCM von innen mit einem Pinsel an den Klebekanten aufzutragen, nachdem die Teile vorher schon mit Sekundenkleber fixiert wurden. Es zieht sich von selbst in die Kanten, löst das PLA an und verschweißt es so. Alles negative, was über DCM zu berichten ist, trifft auf das Endprodukt nicht zu: Die Chemikalie verflüchtigt sich extrem schnell und am Ende besteht das Modell lediglich aus reinem PLA. Obgleich die Teile bereits nach wenigen Minuten zusammenkleben, sollte man acht Stunden vergehen lassen, bevor man die Klebestelle belastet.

Nur wenig geschliffen und frisch geklebt sieht das Modell einigermaßen fies aus.

Ansicht von der Rückwand, die aus drei Teilen zusammengefrickelt ist. (Edith meint, ich hätte das falsche Bild eingestellt, daher jetzt geändert)
Das gereinigte Modell wurde mit Tamiya Primer aus der Dose grundiert, anschließend mit dem Airbrush und Tamiya-Acrylfarben X2 (white) und ganz bisschen schwarz lackiert, dann mit reinem weiß aufgehellt. Die gelben Bereiche sind eine Mischung aus Tamiya X8 (lemon yellow) und ganz bisschen X6 (orange). Der Rahmen ist mit XF1 (flat black) lackiert, ich hatte kein glänzendes mehr. Auch die Türgummis sind abgeklebt und mit dem Airbrush lackiert.

Das Ergebnis nach dem Lackieren

Fahrertürseite

Seitenansicht
Soweit der Baufortschritt. Was jetzt noch fehlt, ist eine passende Bodenplatte mit den unterflur angeordneten Kästen, die Drehgestelle und gefräste Fensterscheiben. Da werde ich mich in den nächsten Tagen drum kümmern.
Viele Grüße,
Daniel