Hi Fans.
Um es mal kurz auf den Punkt zu bringen.
In der heutigen Zeit eine Modell(strassen)bahn-Anlage neu zu bauen und dabei auf die diversen Vorteile einer digitalen Steuerung zu verzichten ist eigentlich ein Widerspruch in sich selbst.
Gerade Straßenbahnanlagen mit ihrem dichten Verkehr und den vielen betrieblichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten verlangen eine adäquate Steuerungstechnik.
Ob man Anlagen, die seit Jahrzehnten analog betrieben werden, nachträglich auf Digitalbetrieb umbauen sollte, ist eine Frage, die der Anlagenbesitzer erst mal mit sich selbst abmachen muß.
Nun mal etwas ausführlicher zu den einzelnen Fragen und Kommentaren, die Ihr bisher geschrieben habt.
toofii hatte gefragt, ob eine Umrüstung für alle Wagen möglich ist.
Dazu möchte ich die Antwort von Vincent Wesstein noch etwas präzisieren.
Mit Ausnahme einiger weniger offener Arbeitswagen ist eine Digitalisierung generell möglich.
Es ist allerdings abhängig von den eigenen Ansprüchen, wie das im Einzelnen aussieht.
Man kann einfach irgend einen "Billigdecoder" hineinwürgen, sich dann über den zugebauten Fensterdurchblick und die unter Umstanden mäßigen Regeleigenschaften ärgern, und zu dem Schluß kommen "Digital ist Kohl".
Oder man unterhält sich mit ein paar "Wissenden" und lässt sich die entsprechenden Empfehlungen geben.
Für Straßenbahnfahrzeuge kann generell die folgende Empfehlung gegeben werden:
Es ist immer falsch am Decoder sparen zu wollen !
Die derzeit angebotenen "Minidecoder", die eigentlich für die N-Spur gedacht sind, sollten in die nähere Auswahl genommen werden.
Das sind
Uhlenbrock 73500
Zimo MX 62
Tran DCX74
Lenz 10010
Alle diese Decoder liegen preislich zwischen 27 und 37 Euro, sind mit einer hochfrequenten Motoransteuerung ausgerüstet und lastgeregelt.
Die 500mA für den Motorausgang sind für die meisten heutigen Motoren völlig ausreichend, wer mehr benötigt nimmt den Tran Decoder, der liefert 800mA Motorstrom.
Der einzige Nachteil ist, daß bei diesen Decodern nur zwei Funktionsausgänge zur Verfügung stehen.
Der Vorteil ist die kleine Bauart, die man wirklich unauffällig im Innenraum oder im Laternendach verstecken kann.
Wie diese Decoder eingebaut werden, steht in meiner Umbaubeschreibung auf Jan's Website unter Tipps und Tricks.
Die Links dahin hatte Werner bereits genannt.
Leider ist es bei nahezu allen Straßenbahnmodellen notwendig den Decoder einzulöten, da die Modelle keine Schnittstellen haben.
Eine löbliche Ausnahme sind die Modelle aus dem Hause Hödl, die (soviel ich weiß) inzwischen alle eine Schnittstelle aufweisen, und die neueren Modelle von Roco.
Die von Alexander Dathe angeführten Negativeigenschaften tauchen immer mal wieder auf, sollten aber nicht überbewertet werden.
Außerdem lassen sie sich schnell erklären.
Wenn ich einen "Primitivdecoder" in ein Fahrzeug einbaue und ihn dann nicht richtig konfiguriere ist schnell der Frust da.
Warum?
Ganz einfach, die billigen Decoder verwenden immer noch eine Motoransteuerung mit etwa 80 Hertz, damit bekomme ich nahezu jedes Modell zum scheppern!
Wenn die Langsamfahreigenschaften nach dem Decodereinbau schlechter sind, ist das meistens eine Sache falscher Decoder-Grundeinstellungen.
Jeder Decoder hat in CV2 die Möglichkeit die Langsamfahreigenschaften einzustellen.
Bei einigen Decodern gibt es dann noch weitere Optimierungsmöglichkeiten.
Eines muß man allerdings grundsätzlich beachten:
Das umzubauende Modell MUSS in technisch einwandfreiem Zustand sein !
Das bedeutet:
Der gesamte mechanische Teil des Antriebes sollte gereinigt und neu geschmiert werden.
Die Räder müssen sauber sein, auch die bei manchen Herstellern so beliebte dunkle Färbung der Räder stört den Stromfluss und sollte mit einem Schienenreinigungsgummi entfernt werden
Der Motor sollte neue Kohlebürsten haben (wenn sie denn auswechselbar sind) und ganz wichtig, der Kohleabrieb zwischen den Kollektorlamellen des Ankers muß entfernt werden !
Wenn das nicht gemacht wird, benötigt der Motor erheblich mehr Strom und läuft nach dem Anfahren zu schnell.
Diese Wartungsarbeiten sollten etwa alle 40-60 Betriebsstunden wiederholt werden.
Es kann auch mal sein, wenn ein besonders einfacher Motor eingebaut wurde, daß die Magneten im Motor zu stark sind und der Motor dadurch schlecht anläuft.
Da hilft dann nur den Motor zu ersetzen.
Siehe auch die Anmerkungen von Bodo-Lutz.
Was ist das "ideale Startset"?
Es gibt diverse Einsteiger Sets.
Lokmaus 1 von Roco
Lokmaus 2 von Roco
Lokboss von Fleischmann
Daisy von Uhlenbrock
Compact von Lenz
Wo sind die Unterschiede?
Lokmaus 1 --- inzwischen völlig überholt
Lokmaus 2 --- sicherlich ein billiger Einstieg, aber wenn die Digitalsteuerung dann später erweitert werden soll nicht mehr verwendbar.
Deswegen sind die auch so billig zu haben.
Lokboss --- nicht unbedingt ein "goldener Schuss" aber nach Erweiterung noch verwendbar.
Daisy --- ist zwar etwas teurer in der Anschaffung, aber eigentlich der "ideale Einstieg".
Daisy kann einen oder bis zu drei analoge Stromkreise steuern oder die Anlage digital steuern.(analog und digital gleichzeitig geht aber nicht)
Und alle Komponenten bleiben bei Erweiterung der Steuerung nutzbar.
Compact --- keine schlechte Idee, aber insgesamt zu bewerten wie Lokmaus 2
Zu guter Letzt die Antwort auf die Frage "was kostet der Spass"?
Für einen Minidecoder muß man im Schnitt 33 Euro rechnen.
Der zwischendurch genannte ESU-LokPilot liegt bei etwa 25 Euro, die DCC Variante des LokPilot ist etwas billiger.
Ein komplettes Daisy Startset mit allem drum und dran kostet etwa 270 Euro.
Wer schon einen Trafo mit 40VA Leistung hat, kann auch nur das Daisy System nehmen und kommt dann mit etwa 190 Euro aus.
Und wo bekommt man das alles?
Dazu müsstet Ihr bitte mal auf die Websites der einzelnen Hersteller gehen und in die Händlerlisten schauen.
Eine schnelle Zugriffmöglichkeit auf diese websites ist
http://www.miba.de
Ganz zum Schluß noch die Antwort auf Enricos Frage nach den Traktionsmöglichkeiten.
"Große" Digitalgeräte wie Uhlenbrock's Intellibox und ihre Abarten oder die Lenz LZV100 mit LH100 Handregler bieten die Möglichkeit Doppeltraktionen oder Multitraktionen über einfache menügeführte Eingaben am Regelgerät zusammenzustellen, ohne die Decoderadressen zu verändern.
Bei den Einsteiger-Sets ist das nicht so.
Man kann sich behelfen, in dem man die Fahrzeuge einer Traktion auf die gleiche Adresse einstellt, ist aber dann gekniffen, wenn man die Fahrzeuge wieder einzeln fahren will.
Aus diesem Grund haben die Decoderhersteller in den Decodern die CV19 eingebaut.
Im Normalfall hat CV19 den Wert 0 und der Decoder reagiert auf seine "normale" zwei- oder vierstellige Adresse.
Wird ein Wert zwischen 1 und 99 in CV19 eingetragen, wird dieser Wert so lange als Decoderadresse genutzt, bis CV19 wieder auf 0 gesetzt wird.
Das bedeutet:
Man fährt die für die Traktion vorgesehenen Fahrzeuge mit ihren eigenen Adressen hintereinander, stellt sicher, das alle in die gleiche Fahrtrichung geschaltet sind, kuppelt und programmiert dann "on the fly" bei jedem der Fahrzeuge den gleichen Wert in CV19.
Danach reagieren alle Fahrzeuge der Traktion auf diese Traktionsadresse.
Wenn unterwegs ein Fahrzeug abgehängt werden soll, hält man an, entkuppelt das betreffende Fahrzeug, setzt bei diesem Fahrzeug die CV19 wieder auf den Wert 0 und fährt das Fahrzeug dann mit seiner ursprünglichen Adresse weiter.
Die Traktion wird weiter mit der Traktionsadresse gefahren.
Das ist zum Beispiel eine von vielen Betriebsvarianten, die im Analogbetrieb nicht möglich sind.
Ich will mich jetzt nicht auch noch über die Einzelheiten der Decoder-Programmierung auslassen, da der Text schon lang genug ist.
Wenn dazu Fragen auftreten, bitte PM an mich.
Grüße aus Hamburg
H.-P.Nast