Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Hier kann jeder seine selbst- oder umgebauten bzw. verfeinerten Fahrzeugmodelle vorstellen.
Auch spezielle Techniken wie Beleuchtungen, Antriebe, oder sonstige Verbesserungen an Industriemodellen sind hier richtig.
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Bodo-Lutz
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Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von Bodo-Lutz »

Wieso sollen Kriegsstraßenbahnwagen (KSW) Exoten sein? Schließlich gab es davon 339 Stück: 164 Trieb- und 175 Beiwagen, nicht mit gerechnet die nach 1945 bei Konstal in Königshütte/Chorzow weiter gebauten, dann als polnische Standardwagen Typ N bezeichneten. Allerdings wurden bis zum Kriegsende nur 67 Trieb und 55 Beiwagen ausgeliefert oder beim Empfänger –meist durch den nachträglichen Einbau kriegsbedingt fehlender elektrischen Bauteile- einsatzfähig komplettiert.
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Dresden erhielt 1944 3 Triebwagen aus dem sogenannten Vorprogramm von der Waggonfabrik Fuchs in Heidelberg.
Sie kamen zuerst in Standardausführung als Zweirichtungswagen mit den Fahrzeugnummern 1511“ bis 1513“ zum Einsatz.
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1957 umbenannt in 1501“ bis 1503“ wurden sie 1959 bei ihrer zweiten Hauptuntersuchung in Einrichtungstriebwagen (ER) umgebaut.
Umbauten von KSW wurde in vielen Verkehrsbetrieben Deutschlands und Österreichs vorgenommen, beschränkten sich aber meist auf Komfortverbesserungen im Innenraum, bessere Isolierung, Modernisierung von Heizung und Beleuchtung sowie Ersatz der übergroßen einflügeligen Schiebetüren durch geteilte Ausführungen oder Falttüren.
Dresden ging bei der „Modernisierung“ einen etwas anderen Weg.
Meiner Kenntnis nach als einzige (daher Exot) veränderten die Dresdner die Raumaufteilung der KSW. Man beließ es nicht beim Schließen der linksseitigen Türöffnungen und Ausbau des rückwärtigen Fahrerarbeitsplatzes, sondern positionierte die Trennwände zwischen Fahrgastraum und Perrons neu. Jeweils etwas mehr als ein Drittel der Perronflächen wurden dem Fahrgastraum zugeschlagen. Dies erforderte auch eine Neuaufteilung der Türen und Fenster. Zu den 3 vorhandenen großen Seitenfenstern kamen im Fahrgastraum auf jeder Seite 2 kleinere hinzu. Den Rest der Perronwände teilten sich nun eine schmalere Tür und das Seitenfenster am Fahrerplatz (einschließlich Türtasche).
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Statt den ursprünglich KSW-typischen 12 Einzelsitzen standen mit der Vergrößerung des Fahrgastraums nun 12 Längssitze in Abteilanordnung und weitere 12 Quersitze (Rücken am Fenster), also insgesamt 24 Sitzplätze zur Verfügung.

An der Front behielten die Triebwagen ihre Dresdner Trichterkupplung, am Heck eine ESW-Kupplung (Schaku). Der Linieneinsatz erfolgte meist mit Lowa- oder Gotha-ER-Beiwagen.
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Das Modell wurde als rollfähiges Standmodell konzipiert, gedruckt sowie von Holger Heinrich zusammengebaut, lackiert und beschriftet.
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Das Dach des Wagenkastens wurde in der letzten Fassung separat gedruckt, um einen druckbedingten Stützenwald im Inneren zu vermeiden und die Farbgebung -vor allem am Übergang Dach/Wagenkasten- zu erleichtern. Ebenso wurden Fahrgestell und Sitzplatte getrennt.
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Durch Austausch des Fahrgestells gegen das ursprünglich für einen KSW-Antrieb (zum Beispiel von Halling) vorgesehene und Wegfall bzw. Modifizierung der Sitzplatte, kann der Triebwagen auch motorisiert werden. Mit einem Einsatz mit ergänzenden Sitzen und Achslagern kann daraus auch ein rollfähiges Standmodell gemacht werden.
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Alles in allem, ein etwas anderes Modell als die z.B. die Souveniermodelle der Wiener Linien oder die geschönten und dadurch "wertvolleren" Nachfolger von Halling. Viel Freude an Text und Bildern
Bodo-Lutz
Zuletzt geändert von Bodo-Lutz am Sa 9. Apr 2022, 12:00, insgesamt 3-mal geändert.
Achim
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von Achim »

SUPER!

Gruß
Achim
markustram
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von markustram »

Hallo, wird der tolle Wagen auch im Shop bei I.materialise zu erwerben sein?

Viele Grüße aus Leipzig
Markus
Matthias.Vollstedt
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Der KSW war nur in der DDR ein Exot

Beitrag von Matthias.Vollstedt »

Hallo zusammen,

beide Deutschländer kommen auf insgesamt 660 nachgewiesene KSW-Exemplare, wobei dieser Wagentyp in der DDR in der Tat nur eine Randerscheinung geblieben ist.
Vor diesem Hintergrund ist es ein ganz großes technikhistorisches Glück, dass der Prototyp ausgerechnet in der DDR, genauer gesagt in Woltersdorf, erhalten geblieben ist.
Ich hoffe doch sehr, dass er dort heute noch betriebsfähig ist.

Viele Grüße
Matthias
Die Straßenbahn kommt in die Essener City zurück: https://www.drehscheibe-online.de/foren ... 5,10623958
Bodo-Lutz
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von Bodo-Lutz »

Ich dachte, mich deutlich ausgedrückt zu haben. Das exotische ist nicht der KSW, sondern die Erweiterung des Fahrgastraums durch Verkleinerung der Perrons. Mit DDR oder Ost und West hat das wenig zu tun.
christian82
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von christian82 »

Wenn der Beiwagen gut verkleinert ist, würde ich mich in TT auch hier wieder anmelden :D
Wahre Liebe kennt keine Liga www.dynamo-dresden.de
212 113-1
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von 212 113-1 »

Hallo Bodo-Lutz,
ich möchte mal Ost-West-Diskussion beenden und zum Sachlichen übergehen.
Auch ich habe seit Längerem den ER-KSW im Visier. Deshalb bin über Deine Arbeit dazu hoch erfreut. Gut finde ich, daß mal ein Altbauwagen gleich mit offenen Türen dargestellt wird. Und daß dabei auch die Griffstangen vom Einstieg erkennbar sind. Allerdings fielen mir ein paar Details auf. Die Modellfotos habe ich mit meinen gesammelten Fotos und einer Maß-Zeichnung vom ER-KSW mit den Fotos vom verglichen.
1. Seitenwand links: Die Seitenwandbeblechung ist durchgehend, d.h. die Türen wurden entfernt und mit durchgehenden Plattformblechen neu gestaltet (vergl.: „Strab im Dresdner Westen“ S.188+S.256). Die im Beitrag erkennbaren Kanten auf der linken Seite sind die Regenrinnen, wie sie auch die LOWA´s ursprünglich hatten. Diese ließen sich leicht mit Evergreen- Profilen darstellen.
2. Seitenwand vorn links: Die Wartungsklappe vom Fahrschalter sollte angedeutet werden.
3. Plattform B: Schaku und Prellbügel zusammen verträgt sich aus Platzgründen nicht. Es ist am ER nur eine ET 54 artige Stoßstange vorhanden.
4. Plattform B: Mir erscheinen Scheinwerfer, Blinker und Rücklichter zu groß. Der Scheinwerfer und die Blinker (Biezel) entsprechen denen am ET 57. Ob der Rückfahrscheinwerfer überhaupt eingebaut wurde erscheint mir wegen Materialmangel auch fraglich. In der Zeichnung ist er zwar vorhanden, auf einer Skizze zum neuen Armaturenbrett ist aber kein Schalter erkennbar. Die vermutlich als Ausgangsidee dienenden neuen ER- ET 57 hatten ja auch keine. Ebenso die umgebauten Dresdner ER-LOWA.
5. Als Rücklichter wurden die damals üblichen ca. 7 cm großen Brems-/ Rücklichter der Bauart 1957 (siehe „Strab im Dresdner Westen“ S.188) eingebaut. Zum Zeitpunkt der Umstellung auf 3-Kammerleuchten waren die KSW bereits ausgemustert.
6. Eventuell kann man auch die Halterungen der Vorhängetafeln an der Stirnseite andeuten.
7. Die Aufhängung der Schienenbremse hängt im Modell RICHTIG nach S.B, dies stimmt mit den Fotos, aber nicht mit der Zeichnung überein.
Ich hoffe, dass meinen Feststellungen helfen, das Modell zu verbessern. Ich muss allerdings anfügen, daß ich keine Ahnung 3D- Konstruktionsprinzipen habe und nicht weiß was sich wie umsetzen lässt. Bei Bedarf würde ich die Zeichnung auch scannen und zusenden.

Einen schönen Abend noch
212 113-1
Bodo-Lutz
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von Bodo-Lutz »

Hallo Lowa-Triebwagen oder 1567 II (leider kein Name :? ),

vielen Dank für die Hinweise.
Das Modell entstand, um ein Kitbashing mit einem der Wiener KSW-Ursprungsmodelle oder deren zahlreicher Repliken durch einen 3D-Druck zu umgehen. Die Dateien für den 3D-Druck entstanden nach Fotos und einigen anderen Informationen, die ich vom Initiator des Modells erhalten habe.
Bewusst wurden einige Details der industriell gefertigten Spritzgussmodelle weggelassen, auch wenn die von Jahr zu Jahr höhere Auflösung der Drucker die Nachbildung inzwischen ermöglichen würde.
Ich habe alle Hinweise, soweit sie anhand von Fotos und/oder Zeichnungen belegbar sind, für spätere Korrekturen notiert.
Dies trifft ausdrücklich für die Aussagen betreffend Beleuchtung nicht zu. Da habe ich andere Informationen.
Die Veröffentlichung „Strab im Dresdner Westen“ steht mir leider nicht zur Verfügung.
Vom Angebot, die Zeichnung zu scannen und mir zu senden, mache ich gern Gebrauch (--> PN).

Schönes Wochenende noch
Bodo-Lutz
IG-Modellstrab.Hannover
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von IG-Modellstrab.Hannover »

Hallo Bodo-Lutz,
sehr schön geworden. Tolles Projekt. Hat was.

Zu den Umbauten kann ich für Hannover sagen, dass die KSW am Anfang nur die auch von die gezeigten einfachen Trennwände hatten und später auf einer Seite richtige Trennwände mit Türen bekommen haben. Ab da wurden die Beiwagen nur noch als Einrichter benutzt, damit es bei offener Wagentür hinten die Trennwandtür geschlossen werden konnte.

Gruß Wolfgang
VolkerMZ
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von VolkerMZ »

Bemerkenswert finde, dass man diese „Kleinstserie“ noch so umfangreich umgebaut hat. Das Ergebnis war aber sicherlich ein Wagen, der für die Fahrgäste wesentlich attraktiver war als die ursprünglichen „Stehplatzwagen“.

Volker
Bodo-Lutz
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Re: Dresdner Exoten (Teil 4 KSW)

Beitrag von Bodo-Lutz »

Übrigens:
Wer Kunststoff aus verschiedenen Gründen nicht so prickelnd findet, kann den KSW auch in Holz bauen .... und das im Maßstab 1:87!
Es ist aber nicht der Dresdner Einrichtungs-KSW, sondern der als "N" in Polen weiter gebaute Zweirichtungswagen.

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https://www.craftymodels.pl/pl/p/Tramwa ... -187-H0/84
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