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Modelle - digital gesteuert

Tipps zur Digitalisierung von Straßenbahnmodellen
Text von Hans-Peter Nast und Jan Ruppert, Fotos von Hans-Joachim Jobmann und Jan Ruppert

Dieser Beitrag steht für die private Nutzung uneingeschränkt zur Verfügung, kommerzielle Nutzung, auch auszugsweise, nur mit der schriftlichen Genehmigung des Autors.

 

Grundsätzliches

 

Digitale Steuerungssysteme unterscheiden sich von der analogen Modellbahnsteuerung dadurch, daß nicht nur der Strom zum Betrieb des Motors zum Fahrzeug übertragen wird, sondern gleichzeitig auch die Steuerinformationen für den Fahrzeugempfänger.

Daraus folgt:

Eine gute und vor allem sichere Stromabnahme ist unerlässlich.

Ein Zug, der analog schon schlecht fährt, wird digital nicht besser fahren.

Räder und Schienen müssen öfter gereinigt werden.

Die Fahrzeuge dürfen nicht zu leicht sein.

Es sollten generell so viele Achsen wie möglich zur Stromabnahme genutzt werden.
Wenn möglich können auch die Beiwagen über stromführende Kupplungen zur Stromabnahme genutzt werden.

 

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-Zum Beispiel durch stromführende Kupplungen im Eigenbau-

Bei der Beleuchtung von Modellen ist es notwendig, die Beiwagen oder weiteren Triebwagen des Zuges über eine stromführende Kupplung zu versorgen. Alternativ kann auch in jeden Wagen ein Decoder eingebaut werden. Bei nicht angetriebenen Wagen übernimmt diese Funktion ein Funktionsdecoder.

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Beispiel einer stromführenden Kupplung mittels kleiner Stecker- bzw. Buchsenleiste, die auf die Kupplung geklebt wurde.

Auswahl des richtigen Digitaldecoders

Es gibt inzwischen eine solche Vielzahl an Digitaldecodern, daß der einfache Anwender schon bei der Auswahl des Decoders erhebliche Fehler machen kann.

Worauf muß denn nun besonders geachtet werden?
Wichtig ist vor allem die maximale Stromaufnahme des Motors - nicht nur im normalen Betrieb, sondern bei 12V und blockiertem Getriebe.
Dabei liegt erheblich mehr Strom am Motor an, als manch einer glaubt. Das nennt man "Kurzschlußstrom".

Dieser Kurzschlußstrom ist das hauptsächliche Auswahlkriterium für den Digitaldecoder.
Der Decoder muß in der Lage sein, den Kurzschlußstrom aufzunehmen, sonst besteht die Gefahr, daß er bei stärkerer Belastung überhitzt und durchbrennt.

Wie wird der Kurzschlußstrom gemessen?
Ein Amperemeter mit einem Meßbereich von etwa 5A wird in die Plusleitung zum Gleis "in Reihe" eingebaut, das bedeutet, der Strom muß auf jeden Fall seinen Weg durch das Meßgerät nehmen. Dann wird eine Spannung von 12V an das Gleis angelegt und das Fahrzeug auf das Gleis aufgesetzt. Achtung gut festhalten!
Und jetzt wird der Motor für kurze Zeit ( 1-2 Sekunden ), z.B. durch festhalten der Schwungmasse oder herunterdrücken auf das Gleis, bis die Räder stehen bleiben, am drehen gehindert. Jetzt kann der Kurzschlußstrom abgelesen werden.

Erfahrungsgemäß liegt dieser Kurzschlussstrom bei Modellen mit einem Motor unter 500mA.

 Daraus folgt:

Wenn der Motor einen Kurzschlußstrom von 500mA hat, sollte der Decoder für eine Dauerbelastung des Motorausgangs von mindestens 500mA geeignet sein.

Da bei Straßenbahnmodellen erfahrungsgemäß wenig Platz für den Decoder vorhanden ist, werden bevorzugt die kleinen Minidecoder für Spur N eingebaut (Achtung! Nur bei einmotorigen Modellen verwenden!) Gute Erfahrungen wurden dabei mit den Mini-Decodern von
Lenz, Uhlenbrock, Kühn, Zimo und ESU gemacht. Es sollten heute möglichst nur noch Decoder mit Stecker eingebaut werden. Diese lassen sich bei Problemen besser austauschen.


Eingebauter Mini-Decoder in einem 2achsigen Fahrzeug mit Halling-Antrieb


eingebauter Mini-Decoder mit Stecker in Tatra-KT4D von Herrmann & Partner mit Faulhabermotor.

Wichtig ist außerdem noch, wieviele Funktionen sollen angesteuert werden und welche. Nicht immer können alle Fabrikate die gewünschten Effekte - wie z.B. blinken, Bremslicht etc.


digitaler Tatra-T6A5 von MB-Modely mit kompletter Beleuchtung

Vorbereitungen zum Einbau

Bevor irgendwelche Arbeiten am Fahrzeug gemacht werden, erst mal die Betriebsanleitung des Decoders lesen!
Als erstes müssen die Verbindungen zwischen den Radstromabnehmern und den Motorkontakten unterbrochen werden.
Dabei sollte man darauf achten, welcher Motorkontakt mit den rechten Rädern und welcher mit den linken Rädern verbunden war.
Manche Fahrzeuge haben ab Werk einen kleinen Entstörkondensator zwischen den Motorkontakten eingebaut, dieser muss evtl. je nach Decoderfabrikat entfernt werden - siehe Betriebsanleitung des Decoders!

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Zerlegter Halling-Vario-Antrieb. Der Pfeil zeigt auf den Enstörkondensator.

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Ansicht der Roco-Straßenbahn von unten.

 

Entstördrosseln, die in Reihe zu den einzelnen Motoranschlüssen eingebaut sind, können eingebaut bleiben.
Wichtig ist auch, daß die Motorkontakte keine Verbindung zum Fahrgestell haben, dürfen also nicht an irgendwelche
Metallteile oder Bleiballast herankommen !
Wenn das Fahrzeug eine Beleuchtung hat, müssen die Kabel von den Radschleifern getrennt werden.

 Damit haben wir die wichtigsten Vorbereitungen für den Decodereinbau geschafft.
Jetzt fehlt nur noch ein Plätzchen, wo der Decoder unauffällig befestigt werden kann.
Dabei sollte man tunlichst darauf achten, daß der Decoder keine Metallteile berührt.
Ein Stückchen UHU-Car-Tape, oder das Klebepad, das den meisten Decodern beiliegt sorgen für Isolierung zum Fahrgestell hin.
Vor dem Aufkleben des Klebebandes sollte der Einbauplatz mit etwas Alkohol oder Reinigungsbenzin und einem Q-Tip entfettet werden, sonst hält das Klebeband nicht.
Der Decoder darf übrigens nicht in Isolierband oder ähnliches eingewickelt werden, da dieses die Wärmeabgabe des Decoders behindert.

Anschluß des Decoders

Decoder für das DCC-System haben international genormte Kabelfarben für die Anschlußkabel.
Einige Decodertypen haben einen 6 oder 8-poligen Stecker am Ende der Anschlußkabel.

Wenn das Fahrzeug über eine Digital-Schnittstelle verfügt, sollte der Pin 1 auf der Platine markiert sein.
Wenn der Stecker falsch rum in die Schnittstelle eingesteckt wird, macht das nichts, lediglich das Licht wird nicht funktionieren.
Die nachfolgend genannten Pin-Bezeichnungen beziehen sich auf diesen Stecker.

8poliger Stecker nach NEM 652:

Pin 1 ist das orange Kabel, dieses wird an den Motorpol angeschlossen, der vorher mit den rechten Radschleifern verbunden war.
Pin 2 ist das gelbe Kabel, dieses wird an die hintere Beleuchtung angeschlossen, wenn das Fahrzeug einen Lichtwechsel hat.
Pin 3 ist bei einigen Decodertypen nicht angeschlossen, bei anderen ist dort das Kabel für die Funktion F1 angeschlossen.
Pin 4 ist das schwarze Kabel, das wird an die linken Radschleifer angeschlossen.
Pin 5 ist das graue Kabel, dieses wird an den zweiten Motorpol angeschlossen, der vorher mit den linken Radschleifern verbunden war.
Pin 6 ist das weiße Kabel, das wird an die vordere Beleuchtung angeschlossen, wenn das Fahrzeug eine Stirnlampe oder Lichtwechsel hat.
Pin 7 ist das blaue Kabel. Dieses Kabel führt + und ist der gemeinsame zweite Pol für alle Funktionsausgänge.
Pin 8 ist das rote Kabel, das wird an die rechten Radschleifer angeschlossen.

6poliger Stecker nach NEM 651:

Pin 1 ist das orange Kabel, dieses wird an den Motorpol angeschlossen, der vorher mit den rechten Radschleifern verbunden war.
Pin 2 ist das graue Kabel, dieses wird an den zweiten Motorpol angeschlossen, der vorher mit den linken Radschleifern verbunden war.
Pin 3 ist das rote Kabel, das wird an die rechten Radschleifer angeschlossen.
Pin 4 ist das schwarze Kabel, das wird an die linken Radschleifer angeschlossen.
Pin 5 ist das weiße Kabel, das wird an die vordere Beleuchtung angeschlossen, wenn das Fahrzeug eine Stirnlampe oder Lichtwechsel hat.
Pin 6 ist das gelbe Kabel, dieses wird an die hintere Beleuchtung angeschlossen, wenn das Fahrzeug einen Lichtwechsel hat.

Sollte ein Funktionsausgang als zweiten Pol das Fahrgestell benutzen, sollte das Fahrgestell möglichst mit dem blauen Kabel verbunden werden. Bei einigen Fahrzeugen ist das nicht möglich, weil das Fahrgestell mit den Radschleifern einer Seite verbunden ist (meistens links).
In diesem Fall darf das Fahrgestell nicht mit dem blauen Kabel verbunden werden!

Bei einigen Decoderbauarten kann jetzt noch ein einzelnes grünes oder braunes Kabel übrig sein. Dieses Kabel schaltet die Funktion F1.
Bei manchen Decodern ist das Kabel für F1 an Pin 3 des Steckers angeschlossen. Ein violettes oder ein zweites braunes Kabel schaltet die Funktion F2.

Damit ist der Einbau des Decoders erledigt. Das Fahrzeug kann seine Probefahrt machen.

Grundeinstellungen des Decoders

Nachdem unser Fahrzeug seine Probefahrt erfolgreich absolviert hat, kommt nun die Feineinstellung des Decoders.
Für die Einstellung der einzelnen Betriebsparameter des Decoders sind die CVs zuständig.

CV ist die Abkürzung für Configuration Variable. So ein moderner Decoder kann bis zu 150 und mehr dieser CVs haben, aber wirklich wichtig sind die CVs in der nachfolgenden Liste - die bei allen Fabrikaten weitgehend gleich sind.

CV1 ist immer die "kurze" sprich zweistellige Lokadresse, wobei zweistellig in einigen Fällen bis 127 geht.

CV2 ist immer die Minimalgeschwindigkeit. Die Einstellung sollte so gewählt sein, daß der Motor bei Fahrstufe 1 gerade eben ruckfrei rund dreht.

CV3 ist immer die Anfahrverzögerung. Hier wird eine Zeitvorgabe eingestellt, die der Decoder beim Hochschalten von einer Fahrstufe zur nächsten benutzt, wenn der Fahrtregler schnell aufgedreht wird. Je größer der eingegebene Wert ist, desto langsamer fährt das Fahrzeug an. Wenn der Wert 1 eingegeben wird, reagiert das Fahrzeug direkt auf eine Veränderung der Fahrtreglerstellung.

CV4 ist immer die Bremsverzögerung. Vom Prinzip geschieht hier das gleiche wie in CV3, nur beeinflusst der eingegebene Wert die Zeitkonstante beim Herunterschalten von einer Fahrtstufe zur anderen. Vorsicht, der Wert in CV4 beeinflusst auch den Auslauf des Fahrzeugs, wenn der Fahrtregler schnell auf 0 gedreht wird. Je größer der Wert, desto länger der Auslauf!

CV5 ist immer die Maximalgeschwindigkeit. Hier besteht die Möglichkeit, zu schnelle Fahrzeuge in der Endgeschwindigkeit zu drosseln, ohne die Anzahl der zur Verfügung stehenden Fahrtstufen zu reduzieren. Zwischen dem Wert in CV5 und dem Wert in CV2 muß immer mindestens die Anzahl der in CV29 ausgewählten Fahrstufen sein. In der Regel wird dort der 28 Fahrtstufen Modus ausgewählt, dementsprechend muß zwischen den Werten von CV2 und CV5 immer eine Differenz von mindestens 28 bestehen.

CV29 enthält Einstelldaten zur Konfiguration der Decoder Betriebsparameter. Im Gegensatz zu anderen CVs kann man hier durch gezieltes ein- oder ausschalten von einzelnen Bits bestimmte Betriebsmodi auswählen.

Was bewirken die einzelnen Bits in CV29?

Bit 0 beeinflusst die Fahrtrichtung. Wenn Bit 0 auf 1 gesetzt wird, fährt das Fahrzeug rückwärts, obwohl die Fahrtrichtungsanzeige auf vorwärts steht. Steht Bit 0 auf 0, dann fährt das Fahrzeug entsprechend der Fahrtrichtungsanzeige.

Bit 1 wählt die Anzahl der Fahrtstufen Wenn Bit 1 auf 0 steht, kann das Fahrzeug mit 14 oder 27 Fahrtstufen gefahren werden. Steht Bit 1 auf 1, wird mit 28 Fahrtstufen gefahren.

Bit 2 schaltet den Analogmodus ein oder aus. Wenn Bit 2 auf 0 steht, ist der Analogmodus ausgeschaltet. Ist Bit 2 auf 1 gesetzt, ist der Analogmodus eingeschaltet. Hier sollte besser der Analogmodus ausgeschaltet werden, wenn niemals analog gefahren werden soll..

Bit 3 sollte immer 0 sein!

Bit 4 ist je nach Hersteller unterschiedlich belegt. Siehe Anleitung des Decoders.

Bit 5 Wählt die Art der Fahrzeugadresse aus. Wird Bit 5 auf 1 gesetzt, wird die lange Adresse, die in CV17+18 hinterlegt wurde benutzt.
Wenn Bit 5 auf 0 steht gilt die Adresse in CV1.

Bit 6 sollte immer 0 sein!

Bit 7 sollte immer 0 sein!

Achtung, bei Lenz Decodern sind die Bezeichnungen der Bits von 1-8! ( Lenz Bit 1 ist unser Bit 0)

Es gibt Decoder, bei denen lassen sich die Bits nicht einzeln setzen. Ein ausgeschaltetes Bit (egal welches) hat immer den Wert 0.
Jedes eingeschaltete Bit hat einen bestimmten Wert.

Bit 0 = 1

Bit 1 = 2

Bit 2 = 4

Bit 3 = 8

Bit 4 = 16

Bit 5 = 32

Bit 6 = 64

Bit 7 = 128

Wenn ein Bit eingeschaltet werden soll, wird der dazugehörige Wert in CV29 eingetragen. Wenn mehrere Bits gleichzeitig eingeschaltet werden sollen, werden die Werte der entsprechenden Bits addiert und der daraus resultierende Wert in CV29 eingetragen.
Wer das jetzt auf Anhieb verstanden hat, kann seine Decoder problemlos selbst programmieren.
Wenn nicht, ganz in Ruhe noch einmal lesen und etwas darüber nachdenken.

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